Sie ist derzeit in aller Munde. Anfang Januar verlor eines der weltweit größten Containerschiffe, die MSC Zoe, ca. 300 Container auf dem Weg vom belgischen Antwerpen in den deutschen Hafen Bremerhaven in der deutschen Exclusive Economic Zone, darunter auch solche mit Gefahrgut. Zurzeit läuft die Suche und Bergung der Container. Aber wer haftet eigentlich im Falle eines Containerverlustes?

90% der weltweit gehandelten Waren werden auf dem Seewege transportiert. Im Durchschnitt befinden sich jede Sekunde rund 5-6 Millionen Container auf See, pro Jahr ca. 130 Millionen. Angesichts der beförderten Menge an Containern ist es unvermeidbar, dass Container auf See verloren gehen. Schätzungen reichen von ca. 500  bis 1.600 Containern im Jahr, wenn man die großen Havarien wie den Untergang der MOL Comfort unberücksichtigt lässt.  Weil die Container der MSC Zoe keinen Einzelfall darstellen, lohnt sich ein Blick auf die rechtlichen Aspekte des Containerverlusts auf See.

Darf ich Strandgut aufsammeln und behalten?

Nach deutschem Recht verliert der ursprüngliche Eigentümer der Gegenstände im Container sein Eigentum nicht dadurch, dass das Frachtgut auf See verloren wird. Er bleibt also Eigentümer der Frachtgüter, auch wenn ihm im Einzelnen unbekannt ist, wo sich das Frachtgut befindet. Wird das Frachtgut am Strand angespült und dort von Dritten aufgefunden, so haben die Finder grundsätzlich den Fund dem Eigentümer oder einem sonstigen Empfangsberechtigten (z.B. Küstenwache/Behörde) anzuzeigen. Behält der Finder das aufgefundene Frachtgut, so kann er sich gegebenenfalls gemäß § 246 Strafgesetzbuch (StGB) durch Unterschlagung strafbar machen. Dies ist jedoch international sehr unterschiedlich geregelt.

Stehen den Eigentümern Schadensersatzansprüche für Verlust oder Beschädigung zu?

Grundsätzlich haften Verfrachter/Reedereien bzw. (Fixkosten-)Spediteure verschuldensunabhängig für Schäden, die durch Verlust oder Beschädigung des Frachtgutes während der Beförderung eintreten. Den Eigentümern bzw. Ladungsinteressenten stehen daher grundsätzlich Schadensersatzansprüche gegen die Verfrachter bzw. Spediteure zu, die ggf. der Höhe nach begrenzt sein können. Der verantwortliche Beförderer ist nur dann von der Pflicht zur Leistung des Schadensersatzes befreit, wenn er einen der im Seehandelsrecht geregelten Haftungsausschlussgründe geltend machen kann. Auf schlechtes Wetter und selbst Sturm kann sich der Verfrachter dabei nur dann berufen, wenn mit den besonders schlechten Wetterverhältnissen in diesem Bereich zu dieser Jahreszeit nicht zu rechnen war. Dies dürfte angesichts der Genauigkeit der heutigen Wettervorhersagen nur noch ausnahmsweise der Fall sein.

Wer haftet für Schäden an Schiffen, die auf die Container auffahren?

Ein weiteres Problem des Containerverlustes auf See ist der Umstand, dass viele Container wenige Zentimeter unter der Wasseroberfläche im Meer treiben und nicht auf den Meeresgrund absinken. Da die Gefahr so kaum erkennbar ist, kommt es immer wieder vor, dass Schiffe oder Boote mit Containern kollidieren. Dies kann insbesondere bei Sportbooten und kleineren Schiffen fatale Folgen haben. Die Eigentümer der Schiffe, die durch das Auffahren auf Container beschädigt werden, sind grundsätzlich nicht rechtlos gestellt. Diesen können Schadensersatzansprüche aus Delikt gegenüber der Reederei, dem Eigner des Containerschiffes oder dem Eigner der Container zustehen, falls die Container nicht bzw. nicht ordnungsgemäß auf dem Containerschiff verstaut und gesichert waren und/oder das Containerschiff selbst nicht seetauglich war und/oder die Bergung des Containers schuldhaft unterlassen wurde. Problematisch ist in diesen Fällen jedoch, den Container zu identifizieren und den jeweiligen Verantwortlichen ausfindig zu machen.

Wer haftet für die Aufräumkosten/Umweltschäden?

Grundsätzlich ist der „Störer“ zur Beseitigung der durch ihn verursachten (Umwelt-) Schäden verpflichtet. Der gesetzlich nicht abschließend definierte Begriff des „Störers“ wird in der deutschen Rechtsprechung teilweise unterschiedlich verstanden, so dass die Bestimmung des Verantwortlichen oder der Verantwortlichen nur bei Kenntnis sämtlicher Umstände des Einzelfalles möglich ist. Im Falle der MSC Zoe kommen sowohl der Verfrachter, der Schiffseigentümer als auch die Eigentümer der Frachtgüter grundsätzlich als Verpflichtete zur Beseitigung der Schäden in Betracht.

                                       Maxim Miskewych, Rechtsanwalt