DER UNSICHTBARE SCHADEN

Nach der Rechtsprechung deutscher Gerichte ist eine Beschädigung von Transportgut schon dann anzunehmen, wenn aufgrund eines Ereignisses ein Schaden eingetreten sein könnte, auch wenn dieser nicht äußerlich erkennbar ist.

Wenn Maschinen oder andere technische Geräte, Medikamente oder auch Lebensmittel nicht so transportiert werden, wie dies vorgesehen war, kommt es in der Praxis häufig zu Diskussionen, ob eine Beschädigung oder gar ein Totalschaden vorliegt, obwohl ein Schaden äußerlich nicht zu erkennen ist.

Die Interessenlage auf beiden Seiten ist klar: Kein Versender möchte die Garantie übernehmen, dass eine nicht wie geplant transportierte Ware wirklich unbeschädigt ist. Der Frachtführer auf der anderen Seite möchte keinen Schadenersatz leisten, wenn die Ware nicht erkennbar beschädigt ist. Typische Beispiele sind umgekippte sensible Maschinen, Nässeschäden und Temperaturabweichungen bei Arznei- oder Lebensmitteln.

Die deutsche Rechtsprechung sieht bereits in einem begründeten Schadensverdacht eine Beschädigung von Transportgut.

In einer grundlegenden, sehr gut nachvollziehbaren Entscheidung hat der BGH für das deutsche Recht und die Anwendung internationaler Übereinkommen in Deutschland klargestellt, dass eine ersatzpflichtiger Schaden auch ohne festgestellte Substanzverletzung alleine aufgrund eines begründeten Verdachts der Beschädigung der Sache anzunehmen ist. Denn in diesem Fall muss der Eigentümer die Sache auf einen solchen Schaden untersuchen lassen, um den Schadensverdacht ausräumen oder die Sache reparieren zu können. Die Untersuchungskosten seien auch dann zu ersetzen, wenn die Untersuchung zu dem Ergebnis führe, dass kein Schaden vorliegt. Übersteigen die voraussichtlichen Untersuchungskosten den Wert der Sache, so sei nach Auffassung des BGH auch ohne festgestellte Substanzverletzung von einem wirtschaftlichen Totalschaden der Sache auszugehen, vgl. BGH, TranspR 2002, 440.

Das Landgericht Hamburg hat diesen Faden konsequent aufgegriffen und entschieden, dass das Erlöschen der Werksgarantie eines Transformators aufgrund eines erheblichen Stoßes zu einem Totalschaden an diesem führt. Dies sei selbst dann der Fall, wenn der Transformator seine physische Funktionsfähigkeit trotz des Stoßes ohne Beeinträchtigung behalten sollte, vgl. Landgericht Hamburg, RdTW 2019, 143 ff.

                                                Robert N. Kuss, LL.M. oec.